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Body-Modification

Aktualisiert: 18. Juli

Donald Trump gibt den Wendehals. Zum wievielten Mal? Diesmal ist Wladimir Putin der Anlass. Weil dieser sich in Sachen Ukraine-Krieg nicht bewegt (warum – aus seiner Sicht – sollte er?), respektive weil Trump seiner lautsprecherischen Ankündigung aus Zeiten des Wahlkampfs, er würde diesen Krieg innert eines Tages seinem Ende zuführen, nur warme Luft folgen liess. Denn logischerweise konnte er Putin keine Alternativen anbieten, die diesen von weiteren Kampfhandlungen absehen lassen würden. Also ist Trump frustriert und hat in seiner Art des infantilen Schmollens beschlossen, der Ukraine wieder Waffen zu liefern (selbstverständlich auf Rechnung der EU – haben wir es nicht an dieser Stelle mehrfach vorhergesagt? Aber man musste kein Prophet sein…). Wörtlich sagte Onkel Donald: Er lasse sich von Putin nicht am Nasenring durch die Arena führen.

Gut gebrüllt, Löwe. Es erinnert ein bisschen an das revolutionäre Frankreich, das – mit Napoleon als grossem Zampano, obwohl dieser zum gegebenen Zeitpunkt noch kein Konsul und erst recht kein Kaiser war – im März 1798 in die Alte Eidgenossenschaft einmarschierte und dieser den Garaus machte. Speziell traf es das hochadlige (schweizerische Massstäbe!) Staatswesen des Kantons Bern, das besonders viel zu verlieren hatte, nämlich den reichen Staatsschatz, der in Form des Familienvermögens der Oberschicht zur Abholung bereit stand. Deshalb wehrte sich der Berner Adel mittels Generalmobilmachung. Es kam zur Schlacht am Grauholz, die schnell geschlagen war. Aber die napoleonischen Truppen vergassen die bernische Gegenwehr nicht. Zur Demütigung Berns holten sie die Bären – Symbol für Wehrwillen und Tapferkeit… – aus dem Bärengraben, führten sie am Nasenring nach Paris und liessen sie dort vor einem amüsierten Publikum für die eine oder andere Karotte vortanzen. Weder symbolisch noch als Metapher, sondern ganz figurativ.

Trump, der nicht von Putin als ebensolcher Tanzbär vorgeführt werden möchte, bevorzugt den Rollentausch: Er ist es, der die anderen am Nasenring durch die Arena zieht respektive ziehen möchte. Sofern diese solches mit sich machen lassen. Putin zählt definitiv nicht dazu, da kann Trump mit Ultimaten und Sanktionen drohen, wie er will. Viel besser eignet sich die EU, der er nach Lust und Laune auf die Mütze geben kann, es spielt keine Rolle: Die Tanzbären sind für jeden Bückling zu haben, dazu braucht es nicht einmal ein vor die Nase gebundenes Rüebli.

Allen andern tut sich hier der deutsche Kanzler Friedrich Merz voran, der deutlich besser daran täte, sich um seine Innenpolitik zu kümmern, als sich – selbsternannt – zum europäischen Chef-Aussenpolitiker zu erheben. Soweit ist es mit der EU (unter der faktischen deutschen Doppelspitze von der Leyen/Merz) gekommen, dass man sich, wie die Hofschranzen zur Zeit Napoleons, unablässig dienernd, rückwärtsschreitend aus dem Zimmer entfernt, wenn Seine Hochwohlgeboren mit einer wegwerfenden Bewegung der linken Hand geruhen anzudeuten: Jetzt haben wir der Speichelleckerei genug erduldet, er möge sich entfernen. Wann hat es das in der europäischen Politik schon gegeben, dass sich die Staatschefs mit Handkuss bedanken, wenn der amerikanische Präsident verkündet: Ich liefere Waffen, aber ihr bezahlt, und die in der Ukraine zu holenden Bodenschätze gehen eh an mich. Geht mehr Selbstverleugnung?

Wie gesagt: In der Innenpolitik liegt soviel im Argen, dass Merz hier Arbeitsfelder genug vorfinden würde, die man ohne Zögern zur Chefsache erklären müsste. Vizekanzler und Finanzminister Klingbein (SPD) applizierte seinem Chef den nächsten Nasenring, indem er ihn durch die Streichung der Energiesubventionen in einen zusätzlichen Bruch eines Wahlversprechens manövrierte. Und über alles Ungemach hinaus auferlegte die gesamte SPD-Spitze dem Kanzler noch die Falle, ihm zu den Ersatzwahlen ins Bundesverfassungsgericht zwei Kandidatinnen auf die Schwelle zu legen, von welchen sich zumindest eine (Brosius-Gersdorf) in juristischem (nicht in moralischem) Sinn als nicht wählbar präsentierte. Moralisch ist das deshalb kein Thema, weil wir ihr als einem Mitglied der Partei mit dem C abnehmen, dass ihre kolportierte Aussage, sie trete für die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs bis einen Tag vor der Geburt ein, offenbar bewusst verdreht den Weg in die Öffentlichkeit fand. Juristisch aber ist das sehr wohl ein Thema, weil sie sich in der Causa AfD-Verbot mit ihrer angekündigten, unverrückbar positiven Haltung soweit zum Fenster hinauslehnte, wie das für ein Mitglied des obersten Gerichtshofs keinesfalls statthaft ist. Für eine mögliche Richterin ist es die absolute Pflicht, unvoreingenommen in ein Verfahren zu gehen. Sie aber hat ihre Meinung gebildet und verkündet, bevor dieses nur eröffnet war. Das geht gar nicht.

Friedrich Merz, fast zwei Meter gross, ist naturgemäss mit einer langen Nase ausgestattet – zumal ihm mittlerweile der Ruf eines Pinocchio-Kanzlers vorausgeht. Lang ist aber nicht gleich gut. Denn eine gute Nase hat er bis jetzt noch nicht bewiesen, im Gegenteil. Lang ist in seinem Fall persönlichen Fall aber dennoch gut, weil lang viel Platz bietet für zahlreiche Nasenringe. Diesen Platz braucht er, denn er tanzt auf vielen Marktplätzen für weniger als eine rote Rübe.

In der woken Pop-Kultur fallen viele Nasenringe unter den Begriff der Body-Modification. Da gibt es ja Erschröckliches zu sehen: Kunststoff-Implantate unter der Stirnhaut zur Simulation von Hörnern (wie beim Moses von Michelangelo, aber dort sollen es, bibeltreu, Strahlen sein), Piercings allüberall, von der Zunge bis zum Bauchnabel. Sukzessive Ausdehnung der Ohrläppchen durch immer grössere Ringe (eigentlich eine kulturelle Aneignung, die sich in der Woke-Kultur verbieten würde) gehören auch ins Repertoire. Und von allen Möglichkeiten, die der Intimbereich bietet, schweigt des Sängers Dezenz.

Aber Friedrich Merz, der Pinocchio-Kanzler mit der langen Nase, stellt sich dem Vortanzen an den Ringen gerne zur Verfügung. Denn er hat es ja zum Kanzler gebracht, das muss auch mal reichen. Vor den Mikrophonen pflegt er nur, wenn es gar nicht mehr anders geht, zu sagen: Das war nicht schön.

Nein, war es nicht. Und auf lange Sicht hat es, wie man sagt, eine Nase.

 
 
 

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