Von einer Zwischenverpflegung und von einem Häppchen
- Reinhard Straumann

- 31. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Aug.
Man muss nicht im Golfsport heimisch sein, um zu wissen, dass eine Golfrunde traditionellerweise über 18 Spielbahnen führt, was gut und gerne vier Stunden in Anspruch nimmt. Deshalb ist es geboten, dass der Golfer oder die Golferin nach der Hälfte des Parcours eine Zwischenverpflegung zu sich nimmt. Diese kann, je nach Anlass, durchaus opulent sein – bei einem schönen Seniorenturnier in Frankreich braucht es schon eine gewisse Charakterstärke, um nicht der Grande Bouffe zu verfallen (und anschliessend auf den Back Nine nur noch träge dahinzutrotten). In Schottland dagegen ist eher eine deftige Linsensuppe üblich, nicht minder lecker.
Von einem bestimmten Senior, der zusammen mit seinem Sohn und einem weiteren Vater-Sohn-Gespann am vergangenen Sonntag im schottischen Turnberry eine private Freundschaftsrunde spielte (notabene auf dem eigenen Golfplatz), haben wir Kenntnis, dass er eine kulinarische Kuriosität zu sich nahm – soweit wir einem Statement von Viktor Orban aus dem fernen Budapest folgen. Orban sagte vor der internationalen Presse ernstzunehmend, wenn auch metaphorisch: "Donald Trump hat Ursula von der Leyen zum Frühstück verspiesen."
In der Tat. Trump hatte die EU-Pannenpräsidentin auf sein Anwesen an die schottischen Westküste beordert, wo die Golfplätze wie gemalt in den Dünen liegen. Er geruhte, sich am Rande seiner Vater-Sohn-Runde einen Moment Zeit zu nehmen, um der Präsidentin den Tarif zu erklären. Die kuschende Uschi kroch zu Kreuze, Kotau um Kotau vorführend. Den beherrscht sie seit ihrem China-Besuch zwei Tage zuvor, wo sie ihn ebenso nutzlos präsentierte. Xi Jinping warf sie sang- und klanglos aus dem Haus, als sie ihm eröffnete, die EU würde seine Unterstützung Russlands nicht ohne Sanktionen hinnehmen.
Nach dieser Ohrfeige rannte vdL vollmotiviert in die nächste. Von Trump nahm sie ein Diktat (für das Publikum: eine "Vereinbarung") des Inhalts entgegen, dass, erstens, die USA auf alle Importe aus der EU 15 Prozent Zoll erheben würde, dass zweitens die EU sich verpflichte, durch europäische Unternehmungen 600 Milliarden Dollar in den USA zu investieren und dass drittens die EU den USA für 750 Milliarden umweltschädigende Energie abnehmen werde. Von der Leyen hatte geplant, 500 Milliarden an Investitionen und 600 für Energie anzubieten – aber auf Onkel Donalds Spickzettel stand, wie am TV zu sehen, 600 und 750. Ja dann, sagte sich Uschi, 250 Milliarden mehr stemmen wir locker. Im Gegenzug, muss man wissen, werden US-amerikanische Autos weiterhin von den EU-Mitgliedsstaaten zollfrei importiert. Der diplomatisch und aussenpolitisch bestens versierte Staatsmann Dominique de Villepin, Premierminister Frankreichs zu Zeiten von Jacques Chirac, sprach lakonisch von einer "Declaration of Dependence".
Treffender könnte man es nicht nennen. Ist mehr Demütigung möglich? Und mehr Unterwürfigkeit? Gewiss: Wenn auf der anderen Seite ein ignorantes Grossmaul sitzt, das nicht wahrhaben will, wie seine auf Gedeih und Verderb verhängten Ultimaten auch die eigene Wirtschaft an die Wand fahren und dass es seine Fellow-Americans sind, die um den Rest ihres Wohlstands betrogen werden, dann ist die Argumentation nicht einfach. Aber nicht unmöglich. Dann müsste man sich zuerst einmal bewusst machen, dass auf der anderen Seite nicht der liebe Gott sitzt, sondern tatsächlich ein ignorantes Grossmaul. Und dann müsste man ins Feld führen, dass die EU eine Wirtschaftsmacht von 450 Millionen Menschen verkörpert, die sich von den USA abnabeln kann, wann immer sie will. Man müsste sich einfach von anderen Werten leiten lassen als nur von "Sachzwängen". Zum Beispiel von den westlichen.
Aber das würde den Mut erfordern einzugestehen, dass man sich in Sachen Ukrainekrieg – dem Elefanten im Raum – bereits von den Herren Obama und Biden hat vorführen lassen. Solchen Mut hat in der EU nebst Viktor Orban (Ungarn) und Robert Fico (Slowakei) niemand. Dass die gesamte europäische Aussenpolitik (inklusive jener der Schweiz) seit drei Jahren nicht auf Fakten, sondern auf ein Narrativ der Kriegstreiberei gestellt ist, gilt nur für diejenigen, die keine Pfründen zu verlieren haben. Jeder Amtsträger in der EU tut so, als habe Putins Angriff auf die Ukraine keine Vorgeschichte, als sei Russlands Sicherheitsbedürfnis gegenüber der NATO paranoisch, als würde der Westen am Dnjepr, dem korruptesten Flecken Europas, tatsächlich Demokratie und Menschenrechte verteidigen. Sonst wäre es das Eingeständnis, dass all die Opfer an Menschenleben, an Infrastruktur und an EU-Milliarden auf einer grossen Lüge beruhen.
Von der Leyens hektische Erdball-Umrundungen, von Brüssel nach Berlin nach Peking nach Glasgow und zurück, dienen einzig dem Ziel, diese Lüge über die Zeit zu retten und den Krieg am Laufen zu erhalten, und koste es Billionen von Euros, die man den Bürgern aus der Tasche zieht. Unbeabsichtigt ist der Nebeneffekt, den uns dieses unwürdige Schauspiel schon fast symbolisch vor Augen führt: Die Tatsache, wie sehr Europa zum Spielball zwischen China und den USA verkommen ist. Die Sportskameraden Trump und Xi spielen Pingpong, und EU-Uschi ist der Ball, der geschmettert und geschnitten wird.
Zum Trabanten dieses Leichtgewichts macht sich mehr und mehr die Schweiz. Die von den grossen Konzernen, den Wirtschaftsverbänden und der Aussenpolitik, die den genannten Playern zudient, geforderte vertiefte Assoziierung der Schweiz an die EU wäre eine Declaration of Dependence der Declaration of Dependence. Sie kann angesichts der EU-Kriegstreiberei und Russophobie keinesfalls in Frage kommen, zumal zum Preis der Neutralität und einer unabhängigen Legiferierung. Es wäre an der Zeit sich zu überlegen (zum Beispiel anlässlich der Bundesfeier), was uns was wert ist. Ob wir Eigenständigkeit nicht nur vor Wahlen predigen, sondern tatsächlich den Mut haben, dafür einzustehen. Oder ob wir nur ein Häppchen sein wollen für Trump, Xi und Frau von der Leyen, die selbst nicht mehr ist als eine Zwischenverpflegung der beiden Erstgenannten. Angesichts von Trumps hirnrissigem 39-Prozent-"Deal" ist Jammern ohnehin verboten. Unser Deal muss sein, dass sie sich irgendwann an uns verschlucken.


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