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Aktualisiert: 26. Sept.

Es war kein alltägliches Ereignis, das am Dienstag (23.9.) zwischen 17 und 18 Uhr über die Bildschirme derer ging, die gerade PHOENIX, den Politikkanal der ARD, eingeschaltet hatten: Donald Trump sprach vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Das hat er lange nicht getan (das letzte Mal vor sechs Jahren), konsequenterweise, denn er hält ja nicht besonders viel von supranationalen Organisationen, insbesondere von der UNO. Er hält sogar so wenig von ihr, dass die USA gegenüber der wichtigsten friedensfördernden Organisation dieses Planeten mittlerweile mit einer Milliarde Dollar in der Kreide stehen. Was Trump nicht davon abhält, sie rhetorisch zusammenzufalten, wozu ihm zwei schlimme Pannen, die seine Bequemlichkeit herausforderten, aktuellen Anlass gaben. Erstens: Die Rolltreppe gab just in dem Moment ihren Geist auf, als Trump und die First Lady diese letzte verbliebene Aufstiegsmöglichkeit betraten. Oh je! Zweitens stieg auch noch, zur Vollendung des Unheils, der Teleprompter aus, wiederum auf den Punkt genau, als den mächtigsten Mann der Welt das Wort ergriff. Das mache ihm gar nichts, sprach Donald - um gleich zu drohen: der Typ, der den Teleprompter bediene, der habe jetzt ein grösseres Problem.

Aber greifen wir nicht vor. Donald Trump spricht also vor der Generalversammlung der UNO. Grosser Bahnhof: 193 Nationen sind samt und sonders vertreten, die meisten – wie auch die Schweiz – schicken sogar ihre Nummern eins (in unserm Fall Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter, die sich von Aussenminister Ignazio Cassis begleiten liess). Deutschland schickte Cassis' Kollegen Wadephul. Dessen Amtsvorgängerin, Annalena Baerbock, hat sich bekanntlich in den Job einer Präsidentin der Generalversammlung katapultiert. Wie hat sie das bloss geschafft? Vielleicht half ihre Begabung als Trampolina.

An den Bildschirmen dieser Welt konnte man jedenfalls das seltene Schauspiel geniessen, dass oben die Präsidentin der Schwatzbude sass, die die UNO in den Augen dessen ist, der unten schwatzte. Baerbock und Trump gemeinsam – ein Spiegelbild unserer politischen Kultur: Soviel Macht, soviel Inkompetenz, soviel Narzissmus und soviel Grossmäuligkeit auf so wenig Raum. Ein Bild des Elends, der politischen Dekadenz, des demokratischen Fiaskos.

Jemand hätte im Vorfeld Trump sagen müssen: Du wirst ja sowieso über alles sprechen, was Deinem Ego wichtig ist - aber sprich bitte nicht über die 15 Minuten hinaus, die einem Staatschef nach Protokoll zustehen. Trump verpalaverte deren 57. Wer seinen Ausführungen nicht in extenso folgte, sondern nur den einen oder anderen Merksatz den Tagesschauen entnahm und darüber hinaus den Kommentatoren vertraute, wird wohl tatsächlich von einer Rede ausgehen. Immerhin äusserte sich der Präsident der wirtschaftswichtigsten Nation dieses Planeten zu einer ganze Reihe gegenwartsrelevanter Fragen.

Werch ein Illtum! Für den, der Trump tatsächlich ein Stunde lang zuhörte, war die gegenwartsverzerrende Wirkung der TV-Bilder mit Händen zu greifen. Donald Trump hielt keine Rede, sondern er mutete dem politisch einflussreichsten Publikum, das man sich denken kann, ein knapp einstündiges Gelaber zu, völlig unstrukturiert, sprunghaft, als Arbeit eines durchschnittlichen Gymnasiasten ungenügend. Note drei, setzen. Denn das einzige, unausgesprochene Leitmotiv, das sich durch seinen Speech zog, war der intellektuelle Abgesang. Es lautete: Ich bin der Grösste.

Dieses war es, was dem weisen weissen Häuptling einfiel: Ich habe in acht Monaten sieben Kriege beendet. Die meisten Menschen sagen, ich müsste dafür den Friedensnobelpreis erhalten. Aber was mir die UNO dafür schenkt, ist eine kaputte Rolltreppe und ein schwarzer Teleprompter. Als ich noch Bauunternehmer war, habe ich der UNO vorgeschlagen, für 500 Millionen Dollar ihren Hauptsitz in New York zu sanieren, mit Marmor und Mahagonny. Was die UNO stattdessen erhalten hat, ist viel schlechter und viel teurer, nämlich Travertin und Plastik. Denn alles ist im Kleinen so, wie die UNO im Grossen funktioniert. Der Iran darf niemals Massenvernichtungswaffen besitzen, das werden wir nicht zulassen. Und überhaupt, der Klimawandel ist die grösste Lüge. Die Migrationspolitik aller Staaten (ausser meiner in den USA) ist eine Katastrophe. In der schönen Schweiz sind 72 Prozent aller Gefängnisinsassen Ausländer. Die Städte dieser Welt versinken im Chaos, man kann sich abends nicht mehr auf die Strasse getrauen. Aber Washington D.C. ist, seit ich die Nationalgarde eingesetzt habe, der sicherste Platz der Welt. Alle Leute gehen wieder in den Ausgang. Brasilien habe ich zwar 50 Prozent Zölle aufgebrummt, aber mit Präsident Lula werden wir schon einen Deal hinkriegen, wir verstehen uns im Grunde gut; wir müssen einander nur in die Augen schauen. Etc. etc.

Weshalb darf dieser Egomane sich so aufblasen? Weil er es durch sein Machtgeprotze schaffte, dass die Regierungschefs der westlichen Welt nichts so sehr bekümmert wie die Frage: Wie können wir Onkel Donald bei guter Laune halten? Keiner, aber wirklich keiner ist in Sicht, der ihm entgegentreten würde und spräche: Mister President, so geht das nicht. Europa ist ein Markt von 500 Millionen Menschen, die USA haben 340. Entweder Du kommst ebenso von den Zöllen wie vom hohen Ross herunter, oder wir machen unser Ding allein.

Aber die Herren Macron, Merz, Starmer und Konsorten labern lieber von Demokratie, als dass sie dafür etwas täten. Seit sie sich wie paranoid auf die Vorstellung eingeschossen haben, Russland würde in absehbarer Zeit die NATO angreifen, stecken sie in einer Sackgasse, in der sie gefangen sind wie der Katholizismus im Unfehlbarkeitsdogma. Ein Plan B existiert nicht – warum auch: Wir zerschlagen Russland, dann ist alles gut (die Worte der EU-Aussenbeauftragen Kaja Kallas).

Muss man das noch kommentieren?

 
 
 

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