Die Basler Verkehrspolitik ist Chefsache, auch für die Medien: Marcel Rohr, Chefredaktor der BaZ, durfte sich am Samstag (7.9.2019) wieder einmal als Leitartikler versuchen. Er beklagt die Konzeptlosigkeit des baslerischen Umgangs mit dem Verkehr im Rahmen einer halbseitigen Gesamtschau - und wird dabei dem Ansatz seines Kritikpunktes (der Konzeptlosigkeit) vollkommen gerecht. Privatverkehr und ÖV, Nahverkehr und internationale Achsen, Nationalstrassen und städtische Strassenbahn - alles bunt gemischt; Kraut und Rüben wild durcheinander. Mal geht es um die Tramhaltestellen in der Innerstadt, die in Rohrs Einschätzung „das Stadtbild verschandeln“, mal um die Erschliessung des Euroairports, weil der Benutzer der 50er-Buslinie ebendorthin seinen Entscheid „nach ein paar Sekunden“ schon bereue, so schlecht sei die Linie ausgeschildert. Offensichtlich sind die Chauffeure nicht ortskundig genug und brauchen zusätzliche Hinweise?
Was uns jedoch mehr interessieren würde: Wie steht es mit einem Blick auf langfristige Perspektiven, auf Finanzierungsfragen, Bedarfsanalysen, demografische Entwicklungen? Interessiert Herrn Rohr weniger. Stattdessen nehmen wir teil an seinem Wunschkonzert: „Eine zweite Tramlinie vom Badischen Bahnhof Richtung Flughafen wäre eine schöne Zugabe“, denn - merke! - beim Badischen Bahnhof handelt es sich um "eine Perle". Und gewiss: Diese Linie würde definitiv nicht durch die Innerstadt führen und das Stadtbild verschandeln. Sie käme an die Peripherie zu liegen, wo sie besser in Rohrs ästhetisches Konzept passt. Ungeschickt nur, dass die Pendler da nicht hinwollen, denn da kommen sie ja her.
Was fällt mir dazu ein? Zweierlei. Erstens die Klage von Karl Kraus über den Journalismus seiner Tage: „Es reicht nicht, keine Gedanken zu haben; man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken“. Und zweitens der spätrömische Historiker Boëtius: „Si tacuisses, philosophus mansisses“ (hättest du geschwiegen, wärest du ein Philosoph geblieben).
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